Die Hygiene-Erstinspektion einer Trinkwasser-Installation nach VDI 6023 Blatt 1 sichert Anlagenerrichter ebenso wie Auftraggeber ab – und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Schadensminderung.
Das wesentliche Ziel einer Hygiene-Erstinspektion ist es daher, durch eine Inspektion der Rohinstallation mögliche Ursachen für spätere Mängel bereits vor der Befüllung und der Verdeckung der Trinkwasser-Installation zu identifizieren. Damit kann dann eventuellen Schäden oder sogar späteren Gefährdungen der Nutzer frühzeitig durch gezielte Maßnahmen entgegengewirkt werden. Nach VDI 6023 Blatt 3 ist die Hygiene-Erstinspektion bspw. die Voraussetzung zur Befüllung einer neu errichteten Trinkwasser-Installation.
Eine systemorientierte Analyse sollte daher in jeder Anlage bereits vor der Befüllung der Trinkwasser-Installation durchgeführt werden. Planerische Mängel oder Fehler in der Installationen können zu diesem Zeitpunkt noch mit vergleichsweise geringem Aufwand beseitigt werden. Ist die Anlage erst einmal gefüllt und verdeckt, d.h. teilweise in Wänden oder unter Deckenverkleidungen verborgen, wird eine etwaige Mangelbeseitigung sehr schnell aufwändig und teuer.
Ein Auftraggeber kann jedoch nicht eine erkennbar mangelhafte oder fehlerhafte Ausführung der Arbeiten geschehen lassen, um einen Mangel dann erst im Rahmen der Abnahme zu rügen und eventuell eine Rechnungskürzung zu verlangen. § 254 BGB (Schadensminderungspflicht) besagt hierzu, dass ein eventueller Schadenersatz auch von den jeweiligen Umständen abhängt, insbesondere davon, ob der Geschädigte, z. B. der Bauherr oder Auftraggeber, an dem Gesamtschaden mitgewirkt hat. Wenn der Bauherr durch ordnungsgemäße Überwachung und Kontrolle den Schaden hätte vermeiden oder die Folgen hätte reduzieren können, trifft ihn unter Umständen eine Mitschuld, so dass der insgesamte Schaden nicht alleine vom Installateur zu tragen wäre. Die Hygiene-Erstinspektion ist daher nach den Vorgaben der VDI 6023 Blatt 3 vom Auftraggeber zur Überprüfung des hygienisch einwandfreien Zustands der Trinkwasser-Installation zu beauftragen.
Vorbereitung der späteren Abnahme
Die Hygiene-Erstinspektion gemäß VDI 6023 Blatt 1 entspricht damit auch einer Zustandsfeststellung im Sinne VOB/B DIN 1961, § 4 Abs. 10 und dient zur Vorbereitung des reibungslosen Ablaufs einer späteren Abnahme. Hier heißt es, dass der Zustand von Teilen der Leistung festzustellen ist, wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung (Baufortschritt) einer späteren Prüfung z. B. bei der Abnahme entzogen werden, weil Leitungen und Einbauteile dann in Wänden und Böden nicht mehr sichtbar oder erreichbar sind. Die Hygiene-Erstinspektion dient also im Sinne einer Zustandsfeststellung dazu, bisher erstellte Leistungsteile auf ihre technisch ordnungsgemäße Beschaffenheit überprüfen zu können, um nicht später dadurch in Schwierigkeiten zu geraten, dass diese Leistungsteile entweder überhaupt nicht mehr oder nur unter erschwerten, vor allem kostenmäßig weit mehr ins Gewicht fallenden Umständen überprüfbar sind.
Die Verpflichtung des Auftraggebers vor der Befüllung einer neu errichteten Trinkwasser-Installation eine Hygiene-Erstinspektion durch einen unabhängigen Fachmann zu beauftragen, erfüllt dabei die Anforderungen der Überwachungspflicht im Rahmen der Delegationshaftung. Oder anders ausgedrückt, wenn man jemandem einen Auftrag erteilt, muss ggf. auch überwacht werden, dass der Auftrag ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
VDI 6023 Blatt 1 "Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung"
5 Planung sowie Errichtung und Inbetriebnahme
5.4.3.2 Hygiene-Erstinspektion (vor Befüllung)Die Einhaltung der im Abschnitt 5 aufgelisteten Anforderungen soll vor der Befüllung der Trinkwasser-Installation vor Ort geprüft werden. Diese Prüfung darf nur von fachkundigen Personen mit dem Nachweis hygienetechnischer Zusatzqualifikation, z. B. VDI-BTGA-ZVSHK-zertifizierter Sachverständiger Trinkwasserhygiene, Inhaber einer VDI-Urkunde VDI 6023, Kategorie A, SHK-Fachkraft für Trinkwasserhygiene oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige mit einschlägigen Bestellungsgebiet, durchgeführt werden.
Die Hygiene-Erstinspektion umfasst die Prüfung der Trinkwasser-Installation auf Einhaltung der Anforderungen des Raumbuchs und des Abschnitts 5.
Im Rahmen der Hygiene-Erstinspektion festgestellte Mängel, z. B. erkennbare Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik, müssen vor dem Befüllen der Trinkwasser-Installation behoben werden; die vorhandenen Unterlagen sind entsprechend zu aktualisieren. Druckprüfungen der Installation sind nach baulichen Änderungen gegebenenfalls zu wiederholen.
Diese Inspektion mit Prüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere natürlich Punkt 5 VDI 6023 Blatt 1, ist die Aufgabe eines unbefangenen Fachmanns im Sinne einer (Teil-)Abnahmeprüfung als beauftragter Vertreter des Bauherrn.
praktische Vorgehensweise
Als Hilfestellung für Sachverständige, Installateure, Planer und Auftraggeber hat der DVQST e. V. in seiner Fachlichen Stellungnahme FS-401 „Anforderungen an Gutachten zur Hygiene-Erstinspektion von Trinkwasser-Installationen“ in Ergänzung zur VDI 6023 Blatt 1 den grundlegenden Ablauf, die Form und die Inhalte einer Hygiene-Erstinspektion ausführlich aufbereitet.
Regelwerks- und Interpretationslücken sollen damit geschlossen und Regelwerksauslegungen vereinheitlicht werden, um Streitigkeiten oder Folgeschäden zu vermeiden. Die DVQST FS-401 bietet im Anhang darüber hinaus umfangreiche und detaillierte Checklisten als Hilfsmittel, die gegebenenfalls ausgefüllt als Anlage zum Gutachten zur Hygiene-Erstinspektion dem Auftraggeber übergeben werden können (www.dvqst.de).